Essen/Holzwickede,
20
Oktober
2022
|
14:50
Europe/Amsterdam

Erstmals 100 Prozent Wasserstoff im deutschen Erdgasnetz

  • Ruhrgebietsgemeinde Holzwickede leistet Pionierarbeit
  • Westnetz stellt Erdgasnetz für den Transport von reinem Wasserstoff um   
  • Unternehmen nutzen grünen Energieträger für Wärmeversorgung in ihren Gebäuden

Holzwickede wird zum Vorreiter: In der Gemeinde bei Dortmund fließt nun erstmals 100 Prozent grüner Wasserstoff (H2) durch eine Leitung der öffentlichen Erdgasversorgung. Der Verteilnetzbetreiber Westnetz GmbH, eine Tochtergesellschaft der Westenergie AG, hat dazu einen Teil des Erdgasnetzes für den Transport von H2 umgestellt. Das deutschlandweit einmalige Forschungs- und Entwicklungsprojekt „H2HoWi“ wird vom Deutschen Brennstoffinstitut Freiberg begleitet und schafft wichtige Voraussetzungen für das Gelingen der Energiewende vor Ort. Das Projekt wurde im Oktober 2022 gestartet und läuft bis Ende 2023.

 

„Wasserstoff ermöglicht den flexiblen Einsatz erneuerbarer Energien in einer Vielzahl von Sektoren und Bereichen und gibt Unternehmen eine echte Perspektive für eine klimaneutrale Zukunft. Um diese Herausforderungen zu bewältigen, brauchen wir mutige unternehmerische Entscheidungen. Das Projekt H2HoWi zeigt eine gute Perspektive auf, wie wir das Gas-Verteilernetz umstellen und den daran angeschlossenen Kunden eine klimafreundliche Zukunft ermöglichen können. Wir gehen heute 500 wichtige Meter in Richtung Klimaneutralität: Das Projekt kann zur Blaupause für den Hochlauf der Wasserstoffwirtschaft und die Weiterentwicklung der Energieinfrastruktur auf dem Weg Nordrhein-Westfalens hin zur ersten klimaneutralen Industrieregion Europas werden.“

Mona Neubaur, Ministerin für Wirtschaft, Industrie, Klimaschutz und Energie des Landes Nordrhein-Westfalen

„Die Energiekrise hat die Dringlichkeit der Defossilisierung und Diversifizierung einmal mehr verstärkt. Wasserstoff ist dabei keine Option. Wasserstoff ist ein Muss. Denn: Nicht alle Anwendungen lassen sich technisch oder wirtschaftlich sinnvoll elektrifizieren. Hier ist Wasserstoff eine echte Alternative – als grüner Energieträger für die klimaneutrale Zukunft.“

Katherina Reiche, Vorstandsvorsitzende der Westenergie AG

„Mit dem H2HoWi-Projekt ist ein weiterer Schritt für die vor uns liegende Energiewende gemacht. Der jetzige Zeitpunkt in einer bisher nicht gekannten Energiekrise zeigt deutlich auf, dass wir Veränderungen in unserer Gesellschaft und in der von ihr profitierenden Energie-Infrastruktur vornehmen müssen, und zwar so schnell als möglich. Daher bin ich stolz, dass dieses zukunftsweisende Projekt hier im ECO PORT der Gemeinde Holzwickede angesiedelt ist.“

Ulrike Drossel, Bürgermeisterin der Gemeinde Holzwickede

„Bislang gibt es in Deutschland eine technische Norm, die eine Beimischung von Wasserstoff in das Erdgasnetz auf höchstens 10 Prozent beschränkt. In einzelnen Testversuchen wurde bereits eine höhere Beimischung erprobt. Mit unserem Projekt in Holzwickede zeigen wir jetzt: Auch eine Umstellung auf 100 Prozent Wasserstoff ist möglich. Das liefert wichtige Indikationen für den Hochlauf der Wasserstoffwirtschaft."

Patrick Wittenberg, Geschäftsführer der Westnetz

Abnehmer des Wasserstoffs in Holzwickede sind drei Unternehmen: die Fritz Ostermann GmbH (seifomat), die Gatter 3 Technik GmbH und die technotrans solutions GmbH. Sie erzeugen mit neu entwickelten, wasserstofftauglichen Brennwertgeräten des Unternehmens Remeha einen Teil der benötigten Raumwärme für ihre Gebäude an der Gottlieb-Daimler-Straße in Holzwickede. 

Die Maßnahme erfolgt in Abstimmung mit den Energienetzen Holzwickede, die der Teilbelieferung ihrer Netzkunden mit Wasserstoff im Rahmen des aufgezeigten Pilotprojekts zugestimmt haben und dessen Durchführung somit unterstützen.

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Westnetz hat eine vorhandene Mitteldruck-Erdgasleitung vom Verteilnetz getrennt und an einen Wasserstoffspeicher angeschlossen. Dieser wird mit klimaneutralem Wasserstoff der Qualität 3.0 (Reinheit 99,9 Prozent) gefüllt, der bei einem Druck von maximal 42 bar gespeichert wird. Im Speicher befindet sich ein Sensor, der einen Niedrigstand online direkt an den Gaslieferanten meldet. Daran angeschlossen ist eine sogenannte Gasdruckregelmessanlage, die den Druck des Wasserstoffs für die weitere Verteilung herunterregelt. Wie Erdgas ist Wasserstoff geruchslos. Damit ein Leck in der Leitung schnell bemerkt wird, wird er am Ausgang der Anlage mit einem Geruchsstoff versehen. Durch die umgestellte Erdgasleitung wird der grüne Wasserstoff dann zu den Kunden transportiert – und zwar direkt mit 100 Prozent, also ohne Beimischung.

Neben der Umstellung der Erdgasleitung sind auch Anpassungen bei den drei beteiligten Kunden erforderlich. Bisher auf dem Markt erhältliche Erdgas-Brennwertgeräte können reinen Wasserstoff nicht verbrennen. Daher wurden bei den drei Unternehmen die für 100 Prozent Wasserstoff geeigneten Brennwertgeräte der Firma Remeha installiert. Diese haben eine Leistung von 24 Kilowatt und verbrennen den reinen Wasserstoff nahezu emissionsfrei.