Essen/Dortmund,
16
Juli
2021
|
17:12
Europe/Amsterdam

Unwetter sorgt für Ausfälle im Stromnetz

  • Besonders betroffen sind Eifel, Rhein-Erft-Kreis, Kreis Euskirchen, linksrheinischer Rhein-Sieg-Kreis und Ahrtal
  • Westnetz arbeitet mit Hochdruck an der Wiederversorgung
  • Zerstörte und beschädigte Straßen erschweren die Zufahrt zu Anlagen

Die Wetterlage mit Starkregen und die daraus entstandenen Überflutungen in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz sorgen weiterhin für Ausfälle in der Stromversorgung. Der Starkregen hatte in den vergangenen Tagen den Pegel von Flüssen extrem ansteigen und den Boden aufweichen lassen. In einigen Regionen kam es zu schweren Überflutungen und das Wasser steht dort immer noch zum Teil mit sehr hohen Pegeln. Betroffen sind davon auch Anlagen zur Stromversorgung des Westenergie-Verteilnetzbetreibers Westnetz. Dazu gehören Ortsnetzstationen und Umspannanlagen. Aus Sicherheitsgründen wurden und werden diese Anlagen bei eindringendem Wasser abgeschaltet, damit es nicht zu Stromschlägen kommt. Dies führt zu einer Unterbrechung der Stromversorgung. Wenn Umspannanlagen ausfallen, kann es zu großflächigen und länger andauernden Störungen kommen. Die Instandsetzung erfolgt dann systematisch.

Alle verfügbaren Kolleginnen und Kollegen der Westnetz sind seit Mittwoch im Einsatz und arbeiten mit Hochdruck an der Wiederversorgung. Die Umspannanlagen, auf die Westnetz wieder Zugriff hat, werden geprüft, gereinigt und – wenn möglich – wieder in Betrieb genommen. Einige Anlagen standen für mehrere Stunden unter Wasser. Aus Sicherheitsgründen ist eine genaue Prüfung der Anlagen vor ihrer Wiedereinschaltung notwendig. Westnetz betreibt in ihrem gesamten Versorgungsgebiet ca. 1.000 Umspannanlagen. Von den Überschwemmungen direkt betroffen sind derzeit ca. 10. Einzelne sind noch schwer erreichbar, in anderen steht immer noch das Wasser.

Bei größeren Schäden an Umspannanlagen wird daran gearbeitet, die Stromversorgung so schnell wie möglich über Umschaltungen aus anderen Anlagen oder durch Notstromaggregate wiederherzustellen. Westnetz prüft, wo Notstromaggregate gebraucht werden und eingesetzt werden können. Auch Schwestergesellschaften aus dem E.ON-Konzern haben ihre Hilfe angeboten. Notstromaggregate sind aus nicht von der Unwetter-Katastrophe betroffenen Regionen Deutschlands sind bereits im Einsatz oder unterwegs nach Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz.

Durch Wiedereinschaltung von Anlagen, Umleitungen und Notstromaggregate konnten bereits viele Haushalte wiederversorgt werden. In der Spitze lag die Zahl der nicht versorgten Einwohner in der Region der Westnetz bei 200.000. Derzeit sind 102.000 Menschen ohne Strom.

Bei allen Arbeiten ist Westnetz aber auch von der Infrastruktur vor Ort abhängig. Einige Anlagen sind aufgrund zerstörter oder beschädigter Straßen derzeit nicht zu erreichen. An anderen Stellen müssen kilometerlange Umwege gefahren werden. Westnetz setzt zudem Helikopter und Drohnen ein, um die Leitungen und Anlagen aus der Luft zu prüfen und einen Überblick zu erhalten. Eine weitere Herausforderung: An einigen wenigen Stellen drohen Dämme und Sperren zu brechen und dadurch weitere Überflutungen zu verursachen. Auch darauf bereitet sich Westnetz vor. So werden gefährdete Anlagen identifiziert und zusätzlich geschützt.

Bei allen Arbeiten gilt vor Ort: Der Schutz der Kolleginnen und Kollegen und der Menschen in den Regionen hat oberste Priorität.

Hintergrund:

Das Stromnetz kann man sich wie ein Straßennetz vorstellen: Es gibt Autobahnen, Bundestraßen, Landstraßen. In der Stromverteilung entsprechen diese Straßen dem Hochspannungsnetz (110 kV), der Mittelspannung (10 kV) und der Niederspannung (400 V). Städte und größere Orte sind direkt an das Hochspannungsnetz angeschlossen, ebenso große, energieintensive Industrieunternehmen. Kleinere Orte werden in der Regel über das Mittelspannungsnetz versorgt, einzelne Haushalte über die Niederspannungsnetze.

Zentrale Knotenpunkte im Stromnetz, vergleichbar mit Autobahnkreuzen, sind Umspannanlagen. Hier wird die Spannung für die weitere Verteilung in die einzelnen Orte heruntertransformiert. Von den Umspannanalagen geht es weiter in die Trafostationen bzw. die Ortnetzstationen, wo der Energiefluss wiederum in Niederspannung transformiert wird und für unsere Haushalte direkt nutzbar ist. Dies erfolgt von den Trafostationen aus über die Kabelverteilerschränke hin zu den einzelnen Hausanschlüssen.

Wenn Straßen stark beschädigt sind, sind sie nicht mehr befahrbar und müssen repariert werden. Sind sie versperrt durch Geröll, muss geräumt werden. Und bei Verschmutzung müssen sie gereinigt werden. Hiermit vergleichbar ist derzeit die Situation in der Stromversorgung in den Katastrophengebieten von Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz. Die größte Herausforderung und Hauptursache für großflächige Versorgungsstörungen sind verschmutzte, beschädigte oder gar zerstörte Umspannanlagen. Dazu kommt, dass nach wie vor Anlagen im Mittel- und Niederspannungsnetz nicht zu erreichen oder nicht begehbar sind, da das Wasser in den überfluteten Regionen, wenn überhaupt, nur langsam zurückgeht. Übertragen auf den Straßenverkehr bedeutet dies: Ein Autobahnkreuz oder eine Bundes- oder Landstraße kann nicht mehr genutzt werden.

Dort, wo elektrische Anlagen nach gründlicher Inspektion den Befund „verschmutzt“ erhalten, können sie nach Reinigung und Prüfung wieder zugeschaltet werden. Leichtere Schäden können repariert werden.

Wo aber Anlagen von Wassermassen und Treibgut zerstört wurden, muss neu aufgebaut werden. In diesen Fällen versucht Westnetz über einen zweiten Weg die Versorgung aufzubauen. Dies können Umschaltungen auf andere Leitungen sein, Notstromaggregate oder Provisorien. Damit werden Umleitungen eingerichtet.

Wenn eine Umspannanlage wieder in Betrieb geht, ist die Basis für die Stromversorgung gelegt. Jedoch bedeutet dies nicht sofort auch Strom für die einzelnen Haushalte, denn auch Leitungen und Kabel, die zu den Trafostationen und Kabelverteilerschränken führen und vor dort den Strom in die Haushalte transportieren, sind im Katastrophenfall oft beschädigt und müssen repariert oder ersetzt werden.

Weiterer Hintergrund Technik:

Ein Umspannwerk (auch Umspannanlage) ist Teil des elektrischen Versorgungsnetzes und dient der Verbindung unterschiedlicher Spannungsebenen. Umspannwerke bestehen neben den Leistungstransformatoren immer aus Schaltanlagen, aufgebaut als Freiluftschaltanlage oder in gekapselter Form als gasisolierte Schaltanlage, sowie weiteren Einrichtungen zur Mess- und Regeltechnik. Anlagen ohne Transformatoren werden auch als Lastverteilerwerk (Lastverteiler oder Schaltwerk) bezeichnet.

In einer Transformatorenstation, auch Netzstation, Ortsnetzstation oder kurz Trafostation genannt, wird die elektrische Energie aus dem Mittelspannungsnetz mit einer elektrischen Spannung von 10 kV auf die in Niederspannungsnetzen (Ortsnetzen) verwendeten 400/230 V zur allgemeinen Versorgung transformiert (umgewandelt).

Die erzeugte Elektrizität, z. B. aus Kraftwerken, kommt mit 110.000 Volt Hochspannung in einer Umspannanlage an. Die dort vorhandenen Transformatoren sorgen dafür, dass die Spannung auf 10.000 Volt in sogenannte Mittelspannung „umgespannt“ wird. In den Trafostationen wird der Energiefluss dann wiederum in Niederspannung transformiert, denn auf dieser Spannungsebene ist Strom für unsere Haushalte direkt nutzbar. Dann erfolgt im Niederspannungsnetz schließlich die entscheidende Feinverteilung der Elektrizität – und zwar von den Trafostationen über die Kabelverteilerschränke (KVS) hin zu den einzelnen Hausanschlüssen. Die KVS sind Knotenpunkte für elektrische Kabel im Niederspannungsnetz. Über die KVS und die darin enthaltenen Kabel-Sicherungen werden die jeweiligen Stromkabel-Strecken und die daran angeschlossenen Hausanschlüsse abgesichert. Bei einem Störungsfall an einem Kabel lösen die Sicherungen der Kabelstrecke direkt im KVS aus, so dass möglichst wenige Hausanschlüsse oder Kunden von der Störung betroffen sind.